Klettern an Bergseeschijen und Hochschijen

So ein Jugend + Sport Bergsteigen-Kurs ist eine Freude! Allerdings teilweise auch konditionell herausfordernd... Zumindest wenn man den entsprechenden Bergführer erwischt! So wurde am Vorabend gepackt sodass wir nach einem kurzen Frühstück um kurz vor halb fünf Uhr Morgens beim Hotel Tiefenbach abfahren konnten. Um halb sechs erreichten wir mit dem Auto dann die Göscheneralp. Dass wir erst in 12 Stunden und 30 Minuten, pünktlich zum Abendessen, die Sewenhütte erreichen würden, ahnten wir bereits. Wahrhaben wollte dies jedoch noch niemand.
Beklagen können wir uns allerdings nicht: Durften wir das heutige Programm ausnahmsweise sogar selber planen und unserem Bergführer präsentieren. Dieser war mit der Besteigung des Hochschijen sogar einverstanden, wollte uns zuvor jedoch unbedingt noch zusätzlich auf den Bergseeschijen hinauf scheuchen. Naja, immerhin liegen die beiden Gipfel direkt nebeneinander sodass wir sie nicht noch mit einem Gewaltsmarsch verbinden müssen.
Also, mit Kopftaschenlampen machen wir uns an den Hüttenweg zur Bergseehütte. Kurz bevor wir diese jedoch erreichen verlassen wir den Hüttenweg und gehen weiter gerade aus immer Berg aufwärts durch ein Geröllfeld. Mit den ersten Sonnenstrahlen haben wir den Einstieg zu unserer Kletterroute am Bergseeschijen erreicht und sind um kurz vor acht Uhr startbereit.
Die erste Seillänge (5a) ist plattig und löst bei mir im Vorstieg eine vorsichtige Fussplatzierung aus. Gerade deshalb, weil der letzte Express bereits einige Meter unter meinen Füssen ist. Vom Bergführer oberhalb von mir werde ich bestimmt darauf aufmerksam gemacht, dass ich endlich klettern soll. "Bis und mit 5b ist Gehgelände!" Wenn ich das nur vorher gewusst hätte, wäre ich natürlich einfach die Wand hinaufgewandert. :-)
Der plattige Teil ist schliesslich überwunden und die folgenden Seillängen gefallen mir persönlich besser. Im dritten bis unteren fünften Französischen Grad geht es stetig weiter bergauf. Dabei bietet sich die Gelegenheit den Umgang mit mobilen Sicherungsgeräten zu üben. Oder man klettert teilweise beinahe ohne Express von Stand zu Stand. Wie auch immer man sich entscheidet, die Kletterei ist meist nicht übermässig schwierig und macht Spass!
Um kurz vor halb elf Uhr haben wir nach etwas Gehen am kurzen Seil über einen Felsgrat eine Höhe von 2819 Metern und somit den Gipfel des Bergseeschijen erreicht. Nur wenige Wolken zeigen sich am Himmel und die Aussicht ist grandios. Der Galenstock ist am Horizont zu sehen und das alpine Chelenalptal kann bewundert werden. Und wer weiss wo kann sogar die Dammahütte auf der gegenüberliegenden Talseite entdecken.
Leider trügt der Schein der Gemütlichkeit aber, noch sind wir nicht am Ziel und auch noch nicht so weit eine gemütliche Pause zu machen. So geht es nach wenigen Minuten gleich weiter. Über den Ostgrat des Bergseeschijen steigen wir gut 200 Höhenmeter bis in die Lücke zwischen unseren beiden heutigen Gipfeln ab. Der Weg dorthin ist Weiss-Blau-Weiss markiert und immer wieder mit Ketten gesichert. Von der Lücke geht es dann, ähnlich abgesichert wie ein Klettersteig und dementsprechend steil, bergab in Richtung Süden.
Unten an der Felswand angekommen suchen wir uns eine gute Route durch das weglose Gelände. Dabei traversieren wir leicht absteigend durch Geröllfelder in Richtung Osten. Bald gelangen wir in grasiges Gelände und kurz darauf erreichen wir den Einstieg zum Hochschijen Südgrat. Dabei entdecken wir zu unserer Freude eine andere Seilschaft, die vor uns bereits in die Route eingestiegen ist. Das bedeutet, dass wir wohl oder übel ausnahmsweise nicht den Berg hinauf rennen sondern es etwas gemütlicher angehen können.
Die Kletterei ist eine Freude und im guten Fels haben wir ziemlich schnell die andere Seilschaft eingeholt. Bald sind wir alle am Stand und der Nachsteiger der Seilschaft vor uns immer noch nicht losgeklettert. Zufrieden lächelnd und bereits tiefenentspannt atme ich durch und schliesse kurz die Augen. "Wir überholen rechts neben der Route mit Keilen und Friends." so der Befehl unseres Bergführers. Naja, immerhin konnte ich für wenige Sekunden den Gedanken an ein stressfreies Klettern geniessen. Und manchmal muss man mit wenig zufrieden sein.
Nach zwei Seillängen ist das Überholmanöver erfolgreich abgeschlossen und wir klettern wieder in der Route weiter. Nach einer sehr leichten Seillänge folgt eine weitere, die abgeklettert werden muss. Danach geht es ziemlich flüssig vorwärts, die Kletterei ist unschwer, jeder Handgriff am Stand sitzt und jedes klare Kommando kommt wie aus der Kanone geschossen. Bei der letzten Seillänge, die auf den Gipfelturm führt, kommen wir durch die Form der zu erkletternden Felsen noch in den Genuss einiger ungewohnter Bewegungsabläufe.
Nach dem Abseilen vom Gipfelturm haben wir um kurz vor halb zwei endlich die Gelegenheit etwas zu essen. Wie erwartet währt die Ruhe nicht lange und bald wird noch eine Seillänge weiter abgeseilt. Von dort aus geht es weglos durch Geröllfelder abwärts bis wir schliesslich den Wanderweg erreichen und bis kurz vor die Bergseehütte wandern. Von hier aus erfolgt der Abstieg auf der Aufstiegsroute, diesmal allerdings bei Tageslicht!
Auf einer Höhe von etwa 2300m überholen wir einen anderen Berggänger, der unseren Bergführer offenbar kennt und mit Freuden begrüsst. Sofort riechen wir den Braten und legen uns blitzschnell eine Strategie zurecht. Im gleichen Tempo wie zuvor absteigend fallen unser Bergführer und dessen Kollege etwas zurück. Als wir sehen, dass der ausgeklügelte Plan funktioniert beginnen wir den Hüttenweg hinunter zu rennen. Dabei kommen wir uns zwar vor wie Trailrunner mit viel zu viel Gepäck aber dieser Aufwand würde sich später lohnen. Erstaunlich schnell (um halb vier) kommen wir so bei unserem Ausgangspunkt an und setzten uns dort, ohne dem Wissen unseres Bergführers darüber, in das Berggasthaus Dammagletscher. Als die beiden Nachzügler unten ankommen steht bereits ein Kaffee für sie bereit und so können wir die letzten zehn Minuten unserer halbstündigen Pause noch mit unserem Bergführer geniessen.
Nach einer dreiviertel Stunde Autofahrt erreichen wir einen kleinen Parkplatz, von dem aus der Hüttenweg zur Seewenhütte startet. Nach einer viertel Stunde Umpacken sind wir abmarschbereit und haben immerhin noch eine Stunde für den Hüttenzustieg bevor das Abendessen beginnt. Nach einem zügigen Aufstieg erreichen wir die hütte um drei Minuten vor sechs Uhr und haben so noch genügend Zeit uns die Bergschuhe auszuziehen.
Was für ein Tag... 13.5h unterwegs, 2h im Auto, 6h am Wandern, 4.5h am Klettern und rund eine Stunde Pause. Zwei Hüttenzustiege, ein Hüttenabstieg, zwei erkletterte Gipfel mit insgesamt 22 Seillängen. 1244 Höhenmeter hinunter und 1771 Höhenmeter hinauf... Und mindestens 13.5h grenzenloses Vergnügen!
An dieser Stelle möchte ich unserem Bergführer herzlichst danken! Wir hatten es sicherlich nicht leicht mit ihm und wurden regelmässig, jedoch im richtigen Mass, überfordert. Sicherlich haben wir dabei aber jede Menge gelernt und Spass gemacht hats trotzdem!
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Safety information
Die Hakenabstände sind teilweise recht gross. Einige mobile Sicherungsmittel sind sicherlich von Vorteil.Tips and hints
Bergseehütte:
https://www.sac-angenstein.ch/huetten/bergseehuette/
Sewenhütte:
https://www.sewenhuette.ch/index.php
Start
Destination
Note
Public transport
Public-transport-friendly
Ein Postauto fährt bis zum Ausgangspunkt dieser Tour, der Haltestelle "Göscheneralp, Dammagletscher".Getting there
Mit dem Auto kann über Göschenen ebenfalls bis zur Göscheneralp gefahren werden.Parking
Ein ordentlich dimensionierter Parkplatz befindet sich direkt hinter dem Berggasthaus Dammagletscher.Coordinates
Book recommendation by the author
ISBN-Nr.: 3-85902-222-9
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Wanderkarte 1:50'000: 255T Sustenpass
Wanderkarte 1:25'000: 1231 Urseren
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