Rheinsteig-Wanderung im Freistaat Flaschenhals

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Der Auftakt in Lorch geht nach dem kurzen Warmlaufen zur Wisperbrücke gehörig in die Knie. In der Wisperstraße gelangt man bis zum Abzweig „Weiselberg“. Kurz hinter dem Weingut Weiler heißt es aufpassen: Hier zieht ein Hohlweg nach halblinks in den Hang, dem wir aufwärts folgen. Schon bald kehrt sich die Richtung, wir wandern ein Stück in Richtung Rhein zurück – und stoßen direkt unterhalb der Nollig auf einen steilen Pfad, der mit Stahlseilen gesichert ist.
Kurz darauf ist der erste Anstieg geschafft. Am Festungsturm der (nicht zugänglichen) Nollig lädt eine Ruhebank zur Rast. Der Blick gleitet über Lorch hinweg auf die beiden Inseln im Rhein und am gegenüberliegenden Ufer wieder hinauf in den Soonwald. An der Ruine gelangt man durch ein Wildgatter, mit dem das Schwarzwild aus den Weinbergen ferngehalten werden soll, in die Gemarkung hinein. Der Panoramaweg führt im Hang oberhalb von Lorch in Richtung Lorchhausen, am linken Rheinufer schmiegt sich Rheindiebach an den Fluss, bewacht von der Burgruine Fürstenberg. Dort, wo die Route in das Retzbachtal einschwenkt, steht die Clemenskapelle. Sie erinnert seit 1909 an den Lorchhäuser Pfarrer Clemens la Roche.
Nun geht es leicht abfallend ins Retzbachtal, von wo der Rheinsteig wieder zurück zu den Hängen des Rheins findet. Er passiert dabei eine Sitzgruppe mit schönem Blick auf die Kapelle und gibt schließlich am Rosenpavillon wieder den Blick ins Rheintal frei. Der kunstvoll geschmiedete Pavillon lädt zur genüsslichen Rast ein, ein naher Stein mahnt Wanderer zur inneren Einkehr.
Hier führt der Rheinsteig in ein Naturschutzgebiet hinein, in dem aufgelassene Weinberge von der früheren Nutzung des Geländes künden. Zum Teil werden sie wieder gerodet oder von Ziegen kahlgefressen, um den Charakter der Landschaft zu erhalten. Wir gelangen zu einer Verzweigung, wo wir der Richtung „Kaub“ folgen. Nun ist es nicht mehr weit, bis ein Schild auf den Abzweig zur Wirbellay hinweist. Es lohnt sich unbedingt, hier den Hang 100 Meter hinabzusteigen. Der schmale Pfad endet auf einem Felskopf direkt gegenüber von Bacharach.
Der Weinort galt über viele Jahrhunderte hinweg als heimliche Hauptstadt des Weines am Rhein. Von der Wirbellay aus sind die Reste der Stadtbefestigung mit ihren gewaltigen Türmen sowie die Ruine der Wernerkapelle gut zu sehen. Über dem Ort thront die Burg Stahleck. Die Festung beheimatet seit Jahrzehnten eine Jugendherberge.
Nun muss man wieder kurz zum Rheinsteig aufsteigen, um dann nach links zum Obertal zu wandern. Die Halden im engen Einschnitt sind aus Abraummaterial aufgeschüttet, für die man früher keine Verwendung mehr hatte. Der Schiefer, die hier und anderswo in der Gegend abgebaut wurden, wurden im gesamten Rheintal sowie im Rheingau zum Dachdecken verwendet – man findet sie unter anderem auf alten Dächern von Kloster Eberbach.
Jetzt ist es nicht mehr weit um den Scheibigkopf herum ins Niederthal. Dort heißt es ein Stück gemächlich ansteigen, bevor plötzlich eine Raststation im schattigen Talgrund auftaucht. Kurz oberhalb markiert ein historischer Grenzstein mit dem Mainzer Doppelrad und der bayerischen Raute nicht nur die heutige Landesgrenze, sondern auch die frühere Territorialgrenze zwischen Kurmainz und Kurpfalz. Einst standen sich an den Hängen des Tales die Galgen der Landesfürsten gegenüber und grüßten sich grässlich. Der „Grenzvogt vom Niederthal“ hat hier ein Buch ausgelegt, in dem sich Wanderer wie in einem Gipfelbuch eintragen können.
Wenige Meter oberhalb des Grenzsteins führt ein Steg über den schmalen Bach. Ein Serpentinenpfad steigt in Serpentinen kurz steil an, bevor er auf einen Querweg im Wald trifft. Hier ist der höchste Punkt der Wanderung erreicht. Von nun an geht es genüsslich bergab zum Vorderhang des Rheintales zurück. Plötzlich taucht zwischen den Bäumen unvermutet die Pfalzgrafenstein im Rhein auf.
Der Blick ins Welterbetal vermittelt einen Eindruck von der grandiosen militärischen Leistung, die General Blücher bei seinem Rheinübergang vor 200 Jahren mit seinen Truppen vollbrachte. In der Silvesternacht 1813/14 sowie an den Tagen danach setzte er hier 50 000 Soldaten, 15 000 Pferde und 182 Geschütze über den Fluss. Die Armee verfolgte die Truppen von Napoleon, der nach der verlorenen Völkerschlacht bei Leipzig in Richtung Paris flüchtete und sich auf der linken Rheinseite in Sicherheit wähnte. Damit, dass „General Vorwärts“, wie ihn seine Soldaten nannten, den Fluss im Winter auf einer Pontonbrücke queren könnte, hatte nicht nur Napoleon nicht gerechnet.
Nun ist es nicht mehr weit bis zum am Abzweig Hasselborn. Hier muss man sich entscheiden: Rheinsteig-Puristen werden den (Um)-Weg über das Volkenbachtal wählen (vier Kilometer länger). Genusswanderer indes schlendern weiter bergab in den Weinbergen bis zum Bahnhof Kaub. In dem ehemaligen Bergbaustädtchen haben sich die Wanderer den Freistaat-Wein redlich verdient.

Wegearten
Weitere Infos und Links
www.rheinsteig.deStart
Ziel
Öffentliche Verkehrsmittel
BahnAnfahrt
Bundesstraße 42Parken
Rheinuferstraße in LorchKoordinaten
Statistik
- 1 Wegpunkte
- 1 Wegpunkte
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