Gipfeltour Mischabellgruppe

10.07.-14.07.2020 -
Tag 1 - Saas Fee - Britannia-Hütte
Tag 2 - Allalinhorn via Hohlaubgrat - Feekopf - Alphubel - Täschhütte
Tag 3 - Domhütte
Tag 4 - Festijoch - Hohbergjoch - Hohberghorn - Stecknadelhorn - Nadelhorn (kein Aufstieg) - Windjoch - Mischabellhütte
Tag 5 - Abstieg Saas Fee
Wegearten
Sicherheitshinweise
Festigletscher spaltenreich - morgendlicher Trittfirn Voraussetzung für Solo-Tour!
Traverse Normalweg Dom - Einstieg Hohbergjoch (Hohberggletscher) erst auf 3800m starten
Aufstieg ins Hohbergjoch (~ 320 HM) sehr steinschlag- und abrutschgefährdet - kaum ein sicherer Griff oder Tritt!
Start
Ziel
Wegbeschreibung
Nach ausgiebigem Frühstück startete ich bei strömendem Regen in Saas-Fee in Richtung Britannia-Hütte - alles Notwendige inkl. Ausrüstung für die nächsten 4 Tage und Nächte auf dem Rücken. Auf unschweren Zieh- und Wanderwegen ging ich über das Plattjen zur Talseite nach Saas-Almagell, bevor ich über den sterbenden Chessjen-Gletscher bei einer Sichtweite unter 5m am frühen Nachmittag an der Britannia-Hütte ankam. Der Blick bei einem Kaffee über den Allalingletscher auf Strahlhorn und Rimpffischhorn sucht seinesgleichen und lenkt die Gedanken in Richtung des kommenden Tages - Allalinhorn via Hohlaubgrat, Feekopfgrat, Alphubel via Eisnase und Abstieg zur Täschhütte ins Mattertal.
Um 4:30 Uhr startete ich nach erholsamer Nacht bei sternenklarem Himmel als einziger Sologänger von der Britanniahütte. Bevor die ersten Sonnenstrahlen Täschhorn und Dom in einem feurigen Rot erstrahlen ließen, stand ich bereits auf dem Hohllaubgrat. Nach kurzer Kletterstelle (II+ 30 HM) unterhalb des Gipfels stand ich um 07:09 Uhr als Tageserster und vollkommen ALLEINE auf dem Gipfel des Allalinhorns - mein erster 4000er bei strahlendem Himmel und mäßigem Wind. Die Riesen des Wallis sowie die Mont Blanc Gruppe zum Greifen nah.
Auf dem Abstieg in Feejoch kamen mir ca. 8 Seilschaften entgegen, die den für mich wenig attraktiven Normalweg, der mit der Metro Alpin Fahrt auf 3456m fast zu einem "Spaziergang" wird.
Nun folgte der Übergang zum Alphubeljoch via Feekopf. Der Grat bewegte sich für ca. 30 min im ersten und zweiten Schwierigkeitsgrad.
Im Joch unterhalb des Alphubels versammelten sich gegen kurz vor 9 bereits deutlich mehr potentielle Gipfelbesteiger des Alphubels. Der Weg über die Eisnase zieht sich enorm und zum ersten Mal spürte ich die Höhe ein wenig. Stellenweise über 45° Steigung erfordern bei einem Flachländer (Hamburg) in über 4000m Höhe nach ein paar Schritten doch den ein oder anderen zusätzlichen Atemzug. Das Plateau - von einem Gipfel kann nun wirklich nicht die Rede sein - erstreckt sich sicherlich über eine Länge von ca. 400m, sodass man nochmal ein paar Minuten in der Horizontalen zum Gipfelkreuz gehen muss, was in dieser Höhe eher ungewöhnlich und nahezu einzigartig ist. Die Riesen Täschhorn, und Dom im Norden, Weißhorn im Westen, Matterhorn im Südwesten und Rimpffischhorn und Strahlhorn vor dem massiven Monte-Rosa-Massiv mit seinen unfassbaren 18 4000ern bestimmen das Ambiente des Gipfels.
Der Abstieg in Richtung Täschhütte gestaltete sich zu einer halben Tortour, die mich das ein oder andere Mal lautstark fluchen ließen, da unter 3400m kaum noch von einem Gletscher gesprochen werden kann, meine Fußsohlen brannten und sich der Weg zur bereits in Sichtweite befindlichen Täschhütte ins schier Unermessliche zog.
An der Täschhütte angekommen belohnte mich ein kühles Bier mit Blick auf Weißhorn und Bishorn.
Am nächsten Morgen startete ich etwas gemächlicher in Richtung Domhütte. 5 1/2h hatte ich von der Hüttenwirtin erfahren, die allerdings etwas ungläubig guckte, dass ich zur Domhütte möchte. Der Europawanderweg entpuppte sich als traumhafter Wanderweg, der durchgängig den rückwärtsgerichteten Blick zum Matterhorn erlaubt. Kurz nach der längsten Hängebrücke Europas folgte ein Steig (I), über den ich in 1h ab der Europahütte die Domhütte erreichte. Die empfohlene Käseschnitte und ein Bier vor dem Matterhornpanorama auf der Terasse der Domhütte ließ auch diese "Wanderung" muskulär schnell in Vergessenheit geraten, zu groß war die Vorfreude auf den kommenden Tag. Zunächst stieg ich allerdings noch seitlich am Festigletscher bis auf 3340m auf, um mir ein Bild über die Verhältnisse auf dem Festigletscher machen zu können. Der Hüttenwirt der Domhütte hatte mich vor meiner Tour wegen der Verhältnisse auf dem Festi- und Hohberggletscher gewarnt. Nach dem ich mir einen Eindruck verschaffen konnte und den ganzen Abend über die Worte des Hüttenwirtes nachdachte, kam ich zu dem Entschluss, definitiv bis zum Einstieg in das Festijoch in mitten der Seilschaften zu gehen - umdrehen könnte ich dann immer noch. Wieder absteigen und mit dem Bus zurück nach Saas Fee hätte den Charme der 4-tägigen Tour doch ziemlich versaut, solche unliebsamen Entscheidungen müssen dennoch manchmal getroffen werden!
Trotz wenig Schlaf wachte ich mit einem guten Gefühl auf. Als letzter startete ich um 3 Uhr von der Domhütte. 10 Seilschaften machten sich über den Normalweg in Richtung Nordwestflanke des Dom's auf, wohingegen ich den Normalweg auf 3800m auf dem Hohberggletscher in Richtung Einstieg Hohbergjoch verlassen wollte. Das Festjoch unschwer zwischen dem I. und II. Grad erklommen, sah ich beste Verhältnisse auf genanntem Gletscher - mein Entschluss stand also. Um kurz vor 7 saß ich bei einem kleinen Snack im Einstieg des Hohbergjochs bei Minusgraden - mein Handy meinte dort bei 77% Akku den Geist aufgeben zu müssen - na klasse!
Es folgten 2h an sich unschwierige Kletterei vorwiegend im oberen ersten Klettergrad mit wenigen II-Stellen, doch die eigentliche Herausforderung lag nicht in der Kletterschwierigkeit. Kein Fels saß fest auf dem anderen - sowohl mit meinen Füßen als auch mit den Händen musste ich jeden Griff und Tritt doppelt prüfen und selbst das reichte nicht aus, sodass in diesen 2h trotz unschwerer Kletterei kein einziger Moment blieb um die beeindruckende Nordwestflanke des Dom's zu würdigen oder auch nur einen anderen Gedanken als den nächsten Griff oder Tritt fassen zu können. Endlich hatte ich es geschafft und zur Belohnung schien mir aus dem nichts im Hohbergjoch zwischen Hohberghorn und Stecknadelhorn die Sonne ins Gesicht und der Wind peitschte nur so - was für ein Wechsel! Der Anblick des Nadelgrats zum Stecknadelhorn war an Ausgesetztheit kaum zu übertreffen, so hing einer der beiden einzigen mir an diesem Tag entgegenkommenden Bergsteiger mit dem Rücken in Richtung Hohberggletscher - 300 m Tiefe.
Ich ging zuerst sehr einfach in 20 min zum Hohberghorn, wonach eine 45 minütige traumhafte Kletterei im II. und III. Schwierigkeitsgrad zum Stecknadelhorn folgte - im Hinterkopf: 1 falscher Griff oder 1 falscher Tritt... doch dafür war kein Platz! So stand ich gegen 10:45 Uhr alleine am Gipfel des Stecknadelhorns.
Dem wellenförmigen Grat in Richtung Nadelhorn folgend machte sich ein erstes leichtes Ziehen im Kopf breit - sollte doch das Nadelhorn die Krönung der Tour sein und der höchste Punkt, an dem ich bisher aus eigener Kraft gestanden hätte. Das innere Ringen began umgehend - wann würde ich wieder hier sein, 100 HM hoch und runter sollten doch ohne Weiteres machbar sein. Ich wusste, dass ich wie beim Abstieg vom Alphubel vermutlich fluchen würde, 1,5 h länger unterwegs und wärmere Temperaturen auf dem Abstieg über den Hohbalmgletscher in Kauf nehmen würde.
Ich hatte bestimmt kein Glück gebraucht an diesem Tag, aber definitiv hatte ich kein bisschen Pech - also belasse es dabei, sagte ich mir. Der Berg bleibt! So stieg ich dennoch leicht wehmütig in Richtung Windjoch ab, bevor es über den großen Hohbalmgletscher in Richtung Mischabelhütte ging. Und es wurde mir im Abstieg klar, ich hatte genau die richtige Entscheidung getroffen. Der Grat zwischen Lenzspitze und Nadelhorn lächelte mich im Abstieg an, sodass ich schon langsam in Richtung weiterer Touren denken konnte - vielleicht sogar die gesamte Überschreitung vom Täschhorn - aber dafür ist gewiss noch Zeit.
Gegen 13:45 Uhr kam ich sichtlich erschöpft an der wunderschön exponiert liegenden Mischabellhütte an, wo ich nach 20 minütigem "Ankommen" das wohlverdiente Bier trank. Die Hüttenwirtin und ein Bergführer schienen sichtlich angetan von meiner Tour, sodass sich ein noch befriedigerendes Gefühl breit machte, auch wenn mir eigentlich ziemlich gleich ist, was andere darüber denken mögen. An dieser Stelle sei zu erwähnen, dass die Mischabellhütte sehr sehr angenehm und menschlich ist und die wohlschmeckenste Versorgung hatte, die ich jemals auf einer Hütte im Hochgebirge genießen durfte.
Nach einer ungewöhnlich langen Nacht startete ich morgens um 7:15 Uhr an der Hütte und stand um 8:35 Uhr durchgeschwitzt mit einem Kaffee und 2 Croissants vom Bäcker am Auto am Ortseingang von Saas Fee - 1.075 km und 11h Fahrt in Richtung Hamburg warteten auf mich. Und morgen klingelt der Wecker früh - die Arbeit ruft.
Doch das scheint unwichtig zu sein, wenn ich zurückblicke in Richtung der 4000er von Saas Fee - ein absoluter Genuss!
Koordinaten
Ausrüstung
Steigeisen
Helm
2x Steileispickel (nicht verwendet)
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